Neonazis sind nicht nur durch ihre politischen Straftaten einen Bedrohung. Ob Drogen, Einbrüche oder Sexualdelikte: Auf jedem Kriminalitätsfeld sind die Rechtsradikalen aktiv.
Die Anhänger der Neonazi-Partei Die Rechte in Dortmund geben sich gerne als Saubermänner. Ende Mai demonstrierten sie in der Dortmunder Nordstadt mit der Parole „Sicherheit und Ordnung statt Überfremdung und Multikulti“ gegen Kriminalität. Die Rechtsradikalen haben 955 gute Gründe, erst einmal in den eigenen Reihen für Ordnung zu sorgen: 955 Straftaten der Allgemeinkriminalität begingen im vergangenen Jahr in Nordrhein Westfalen 374 Tatverdächtige aus der Nazi-Szene. Sie waren schon durch politische Delikte aufgefallen, zählen also zum inneren Kreis der Szene.
Dazu kamen noch einmal 3.286 Straftaten mit einem rechtsradikalen Hintergrund. Die Zahlen stammen aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Thomas Nückel, die dieser Zeitung vorliegt. Nückel wollte wissen, wie kriminell die Rechtsradikalen in NRW sind. Ihm geht es vor allem um die Aufklärung: „Viele Neonazis tun so, als ob sie unbescholtene Bürger sind und sich für Recht und Ordnung einsetzen. Ich habe von vielen Neonazis gehört, die auch außerhalb politischer Straftaten kriminell auffällig wurden und wollte es nun einmal genau wissen“, sagt Nückel.
3470 Personen rechnet der aktuelle Verfassungsschutzbericht des Landes der rechtsradikalen Szene zu. Gemessen an der überschaubaren Personengruppe ist die Zahl der Delikte erschreckend hoch. Die kriminellen Vorlieben der Nazis sind breit gestreut: Gut 80 Mal wurde gegen Nazis wegen Besitz oder Handel von Drogen ermittelt, 177 Verfahren gab es wegen Diebstahls und drei Mal standen Nazis wegen Sexualdelikten im Fokus der Polizei. In Neukirchen Vluyn wurde gegen einen Nazi wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern ermittelt.
Auch privat setzen Rechtsradikale auf Gewalt: 179 Körperverletzungen und 17 Verstöße gegen das Waffengesetz listet das Innenministerium auf. Dazu kommen Dutzende Verfahren wegen Betrug, ein Eingriff in den Luftverkehr, Bahn und Seeverkehr sowie zahlreiche Nötigungen und Sachbeschädigungen. Ein Zentrum der kriminellen Naziszene ist mit 57 Straftaten Dortmund. Allein hier kommen zu den 42 politische motivierten Körperverletzungen 13 ohne politischen Hintergrund. Dazu eine Erpressung, zehn Betrugstaten und sechs Drogendelikte. Doch die kriminellsten Nazis leben nicht in Dortmund oder anderen Szene-Hochburgen wie Aachen oder Wuppertal sondern in Bochum.
Mit anderen Gruppen, die häufig durch Straftaten auffallen wie Rocker und Hooligans, gibt es nach Informationen des Innenministeriums nur persönliche Kontakte. Das Land habe keine „Anhaltspunkte für eine ideologische Beeinflussung von Rockern durch Rechtsextremisten.“ Auch eine Unterwanderung der Hooligan-Szene durch Neonazis kann das Innenministerium nicht erkennen. Sie seien, schreibt das Innenministerium, nur „dort feststellbar (…), wo eine vergleichsweise ausgeprägte rechtsextremistische Szene auf einen Verein mit entsprechend großer Fanstruktur trifft.“
Die Ausschreitungen von Köln im vergangenen Herbst, als über 5000 Hooligans und Neonazis sich Straßenschlachten mit der Polizei lieferten, zeigen allerdings, dass auch von diesen Kontakten eine erhebliche Gefahr ausgehen kann. Nach den Kölner-Krawallen kündigte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) an, die Zusammenhänge zwischen den Szenen der Hooligans und Rechtsradikalen wissenschaftlich untersuchen lassen zu wollen. Jäger sprach von einer neuen Bedrohung, die Fragen aufwerfe, die dringend beantwortet werden müssten. Die Trennung zwischen „unpolitische Hooligans“ und „rechtsextremistische Hooligans“ führe nicht mehr weiter.
In der Antwort des Innenministeriums auf die Anfrage der FDP ist von einer erfolgten wissenschaftlich Aufklärung nicht mehr die Rede.
Material:
Liste aller Nazi-Straftaten der Allgemeinkriminalität nach Städten und Delikten sortiert:
Anlage-3_Del_Orte_Allg-Krim_zu_Frage_2
Liste aller Nazi-Straftaten mit politischem Hintergrund nach Städten und Delikten sortiert:
Anlage-2_Del_Orte_PMK-R_zu_Frage_1
Der Artikel erschien in einer ähnlichen Version bereits in der Welt
Mit der Bezeichnung "Kinderschänder" solltet Ihr Euch ganz dringend auseinandersetzen! Oder seid Ihr ernsthaft der Meinung, dass Kinder nach einem sexuellen Missbrauch fortan "in Schande" leben? Wikipedia hilft…
@Martin: "Der Ausdruck „Kinderschänder“ ist im Deutschen eine Bezeichnung für Menschen, die, etwa vor einem pädosexuellen Hintergrund, sexuellen Missbrauch von Kindern verschulden oder dessen beschuldigt werden." Da der Begriff allgemein verstanden wird sind mir die sprachkritischen Anmerkungen nicht wichtig. Wenn Du eine kurze, selbsterklärende und von allen verstandene Alternativen kennst, werde ich sie beim nächsten Mal gerne berücksichtigen.
@Stefan Laurin: Wie wär's mit Sexualstraftäter? Der Begriff "Kinderschänder" impliziert ja nicht nur, dass ein "geschändetes" Kind ohne "Ehre" leben muss, er ist auch historisch vorbelastet und wird bis heute besonders gerne von Nazis/Faschisten ("Todesstrafe für Kinderschänder!") verwendet!
Das allgemeine Verständnis von Begriffen als Rechtfertigung für ihren Gebrauch heranzuziehen ist billig. Das N-Wort für Menschen mit dunkler Haut versteht auch jeder, dennoch gibt es gute Gründe, es nicht zu gebrauchen.
Da der Begriff "Kinderschänder" von den Nazis öffentlich fast schon inflationär verwendet wird, um deren angebliche Saubermann-Affinität unters Wahlvolk zu bringen (z.B. https://www.youtube.com/watch?v=bJw2tH4msnM, http://www.dortmundecho.org/2013/11/nordstadt-kinderschaender-aus-der-anonymitaet-gerissen/), ist es nur fair, sie im gleichen Kontext mit der Wahrheit zu konfrontieren.
@Martin: Es geht bei diesen Delikten in erster Linie um Machtausübung, nicht um Sexualität. Passt nicht.
@Klaus Lohmann: Es ist ein üblicher Begriff:
http://www.shz.de/nachrichten/newsticker-nord/prozess-gegen-mutmasslichen-kinderschaender-urteil-erwartet-id9981331.html
http://www.sat1bayern.de/news/20150615/anklage-gegen-kinderschaender-von-pfreimd-erhoben/
http://www.bild.de/regional/chemnitz/sexueller-missbrauch/polizei-jagt-kinderschaender-von-chemnitz-mit-phantombild-41297078.bild.html
http://www.welt.de/regionales/niedersachsen/article142059935/Lehrer-sollen-bei-Ermittlungen-gegen-Kinderschaender-helfen.html
Wie wärs denn mit "Kindervergewaltiger" ?
@Stefan Laurin: Wer ein Kind sexuell missbraucht, sei es triebgesteuert (Pädophilie) oder um Macht auszuüben, begeht – unabhängig von der Motivation – eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Darunter ist auch der Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§176 StGB) zu subsumieren. Insofern passt der Begriff sehr wohl, er ist meines Erachtens sogar die präziseste Beschreibung.
[…] so für Recht und Ordnung sorgen. Ob ausgerechnet „Diebe, Junkies und Kinderschänder“ (unser Artikel) Verbrechen bekämpfen können, sei einmal dahingestellt. Ein Gericht erlaubte den Rechten das […]
[…] 16. Juni 2015: http://www.ruhrbarone.de/offiziell-nazis-in-nrw-sind-diebe-junkies-und-kinderschaender/108939 […]
Es heißt bitteschön immer noch "Diebe_innen, Junkies_innen und Kinderschänder_innen" – ihr Sexisten.
Genau
[…] machen Dortmunder Neonazis wenn sie nicht gerade ihre Gegner angreifen, mit Drogen handeln, sich auf Schwulentreffs herumtreiben oder bei der Tafel um Lebensmittel betteln? Sie besetzen eine […]
[…] des Lebens mit Arbeit“ – Ein Problem dass die oft von kriminellen Aktivitäten oder Schnorrerei lebenden Nazis so nicht […]